Die Schweiz leidet unter einem noch nie dagewesenen Bauboom. Dörfer wie Frauenkappelen, Lyss oder Neuenegg haben sich in einen gesichtslosen Häuserhaufen verwandelt. Wie gebaut wird, überlässt man weitgehend dem Zufall: Mal Satteldach, mal Pultdach, mal Flachdach, mal Beton, mal Backstein, mal Holz. Es entsteht keine schöne architektonische Einheit mehr. Die entstand früher durch die Einheit der Baustoffe und der Bauformen. Heute müssten Bauvorschriften diesen Wildwuchs bändigen. Das tun sie aber nicht. Als Folge haben wir weitgehend ein Bauen, das als Verschandelung wahrgenommen werden muss.

Wer in Orten wie Lyss zuhause ist, verliert die Bindung zum Wohnort, weil es keine Rolle mehr spielt, wo man wohnt. Es sieht ja eh überall ähnlich aus. Wer die Bindung zum Ort verliert, der engagiert sich dort in der Regel auch nicht; denn zum Sich-Engagieren gehören Gefühle des Wohlseins, der Zugehörigkeit; des Eindrucks, hier zuhause zu sein.

Verlust der Eigenart

In Laupen sind wir zum Glück noch nicht soweit. Laupen hat noch einen eigenen, individuellen Charakter. Aber auch Laupen ist in Gefahr, seine Eigenart zu verlieren; dies durch zu schnelles Wachstum und durch ein Bauen, das den Kleinstadtcharakter und dessen Kleinräumigkeit zerstört. Wir haben deshalb in Laupen die Pflicht, alles zu tun, um Laupens Eigenart zu schützen. Leider sind die Möglichkeiten zur Einflussnahme gering. Wer keine Vorschriften verletzt, kann bekanntlich bauen, wie er will. Aber vielleicht gäbe es ja unkonventionelle Mittel, Einfluss zu nehmen, zum Beispiel mit einer intensiven Bauberatung und Baubegleitung durch die Gemeinde. Das ist Zukunftsmusik, klar. Aber wer keine Ideen entwickelt, wie man unbefriedigende Zustände (vielleicht) angehen könnte, hat keinerlei Chance zu einer Verbesserung. Also müsste man vertieft darüber nachdenken, wie man das heutige Bauen «in den Griff» bekommen könnte.

Weniger ist oftmals mehr

Und langsamer ist oftmals nachhaltiger. Es gibt keinen einzigen übergeordneten Grund, in Laupen schnell viel und immer mehr bauen zu wollen. Laupen ist gross genug. Und spätere Generationen möchten auch noch etwas zu bauen haben. Zudem ist es keine Behauptung, sondern überprüfbare Tatsache: Wachstum ist auch finanzpolitisch auf weite Sicht kein Vorteil, sondern ein Nullsummenspiel.

Laupener Baugenossenschaften

Manchmal führt ein Blick zurück zu überraschenden Einsichten. Wer weiss noch, dass in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in Laupen vor allem genossenschaftlich gebaut wurde? Die Poly Laupen spielte da eine Vorreiterrolle, und Arbeiterfamilien kamen zu bezahlbarem Wohneigentum. Bauen war damals ein soziales Anliegen. Das hat man vergessen. Und wenn sich heute mal etwas tut in dieser Richtung, wird es gebodigt, wie zum Beispiel im Falle der ehemaligen Cartonnagefabrik. Ziel ist halt die grösstmögliche Rendite. Für genossenschaftliches Bauen fehlt es in Laupen zudem an Möglichkeiten. Umso wichtiger ist es, dass bei neuen Projekten nicht in erster Linie der hohen Rendite zugedient wird, sondern auch an ein Bauen für kleinere Portemonnaies gedacht wird. Der Sozialdemokratie steht es gut an, sich mit allen Kräften für bezahlbares Wohnen einzusetzen und dort Einfluss zu nehmen, wo dies möglich ist, also zum Beispiel bei Umzonungen, die vom Souverän gutgeheissen werden müssen.

Ueli Remund